Mittwoch, 7. September 2011

Hello Dave!

Die Briten, ne?!
Ich muss sagen, die können's. An dieser Stelle spreche ich von Comedy.
Ich kann nicht sagen, woran es liegt, aber seit ich mich erinnern kann, haben mich britische Serien stets mehr zum Lachen bringen können, als amerikanische. Die Simpsons mal ausgenommen. Die sind unantastbar.

Deswegen habe ich mir überlegt, mal eine Top Ten Liste meiner liebsten, besten, schrägsten britischen Serien zusammenzustellen. Ich lege gerne Listen an.
Mein Ordnungsprinzip geht ausgenommen von der unantastbaren Nummer 1 nicht nach Beliebtheit, sondern nach dem Alphabet, wobei ich ein eventuelles "The" im Titel großzügig außen vor lasse.

#1 SPACED (1999-2001)

Spaced liegt aus so vielen Gründen auf Platz 1. Da haben wir großartig lustige Skripte in Verbindung mit hervorragender, kreativer Regie, die bei manch anderen Serien dieser Art leider zu kurz kommt. Als Autoren zeichnen sich Simon Pegg und Jessica Hynes (damals Stevenson) aus, die Regie liegt in den Händen von Edgar Wright.
Zum Entstehungszeitpunkt waren alle noch sehr jung und haben durchaus große Karrieren angefangen. Ich zeichne mich als enormer Fan von Edgar Wright, Simon Pegg und Nick Frost aus.
Spaced ist einfach etwas besonderes. Es ist wahnsinnig lustig, hat aber gleichzeitig derart liebenswerte Charaktere, die einem so ans Herz wachsen, dass man sich die 14 Folgen mit ihren Erlebnissen so oft angucken will bis man sie auswendig kann.
Außerdem gibt es großartige Gastauftritte von Bill Bailey, Michael Smiley, Reece Shearsmith, David Walliams, Mark Gatiss, Kevin Eldon, Peter Serafinowicz und und und... Die Serie fängt den popkulturellen Geist ihrer Zeit so perfekt ein, dass sie ihres gleichen sucht und mit ziemlicher Sicherheit niemals zu finden befürchten muss.
Hier eine kleine einführende Szene aus der ersten Folge, in der man sowohl Brians Kunst näher kennenlernt, als auch einen kleinen Geschmack von Evil-Dead-scher Kameraführung bekommt:




#2 BANG BANG - IT'S REEVES AND MORTIMER (1999)

Vic Reeves und Bob Mortimer. Was soll man zu den beiden groß sagen? Ich finde es unangebracht, sie als schräg zu betiteln, wie es ihnen so oft nachgesagt wird. Der Humor von Reeves und Mortimer ist sicher nichts für jeden, aber mir gefällt er ausgesprochen gut! Das sind einfach zwei Männer, die nie erwachsen geworden sind. Ihre Stärke liegt im oft unschuldigen Slapstick und Quatsch im allerbesten Sinne des Wortes. Bang Bang - It's Reeves & Mortimer ist eine Sketch-Show, die sich stark an der Struktur von The Smell of Reeves & Mortimer orientiert und viele großartige Charaktere zurückbringt. Zwei von meinen Favoriten sind Donald und David Stott. Hier im Interview mit Nick Ross. Am schönsten ist's wenn man merkt, wie viel Spaß Vic und Bob selbst haben.



#3 BLACK BOOKS (2000-2004)

Hach, Black Books. Die Serie, mit der alles begann. Vor vier Jahren war es. Da saß ich im Zimmer eines noch immer sehr guten Freundes. Er zeigte mir die erste Folge von Black Books. Ihm selbst wurde es durch seine mir damals unbekannte, heute very, very close Cousine vorgestellt.
Ich habe gelacht wie selten in meinem Leben. Die Kombination aus Bernard Black (Dylan Moran), dem misanthropen Buchhändler, Fran Katzenjammer (Tamsin Greig), seiner einzigen richtigen Freundin und dem Opfer seines Terrors Manny (Bill Bailey) war einfach zu gut, um ihr widerstehen zu können.
Für mich war der Humor der Serie sehr schwarz damals. Bis heute habe ich einiges dazu gelernt. Aber Black Books stellte für mich die Einstiegsdroge in die britische Comedy dar und hat, ähnlich wie Spaced, eine Vielzahl hervorragender Gastauftritte, die mich dazu veranlassten, meine Fühler weiter auszustrecken und zu sehen, was es noch so gibt auf der Insel...




#4 CATTERICK (2004)

Zurück zu Vic und Bob. In dieser großartigen 6-folgigen Serie aus dem Jahre 2004 haben die beiden Meister des Surrealismus zwei ihrer Charaktere aus Bang Bang - It's Reeves & Mortimer aufgegriffen und ihre Hintergrundgeschichte zu einer absurden, aber fantastischen Reise verdichtet.
Weitere Mitwirkende sind unter anderem Mark Benton, Morwenna Banks, Tim Healy, Matt Lucas und Reece Shearsmith.
Im Zentrum stehen Carl und sein Bruder Chris Palmer. Carl ist gerade von seiner Zeit beim Militär zurück und will seinen Sohn suchen, den er vor 20 Jahren in Catterick zurückgelassen hat. Das stellt sich allerdings als schwieriger heraus, als man vermuten mag.
Meiner Meinung nach Humor von Reeves und Mortimer auf seinem Höhepunkt.




#5 GARTH MARENGHI'S DARKPLACE (2004)

Wenn man bei Garth Marenghi's Darkplace nicht weiß, dass die Serie von 2004 ist, würde man ihr zweifelsohne ihren schäbigen 80er Look abkaufen.
Darkplace ist eine wirklich rundum perfekte Satire von all diesen merkwürdigen Serien aus den 80er Jahren.
Es handelt sich hier um ein Krankenhaus, in dem durch Zufall das Tor zur Hölle geöffnet wird. Die Folgen werden von Dr. Rick Dagless und seinen Freunden so gut es ihnen möglich ist, bekämpft.
Die Handlung entstammt dem Hirn des Schriftstellers Garth Marenghi. Zu ihrer Zeit als zu drastisch verschrien, wird die Serie nun zum ersten Mal im Fernsehen ausgestrahlt und mit Interviewausschnitten der Macher begleitet.
Gespielt werden diese von Matthew Holness, Matt Berry, Richard Ayoade, der auch die Regie für alle Folgen führte und Alice Lowe.
Darkplace ist meiner Meinung nach viel zu unbeachtet und verdient mehr Fans.




#6 THE IT CROWD (2006- )

Die IT Crowd sagt mir, glaube ich, deswegen zu, weil sie stark an Black Books erinnert. Kein Wunder, denn die Serie stammt ebenfalls aus der Feder von Graham Linehan. Sie hat die gleiche Struktur, zwei Männer, eine Frau, eine Grundsituierung.
Diesmal handelt es sich um Reynholm Industries und vor allem deren IT Department. Und man mag ahnen, in welche Richtung die Witze gehen werden, hat zum Teil auch recht, doch es geht weit über die üblichen Nerd-Frotzeleien hinaus.
Richard Ayoade und Matt Berry aus Darkplace spielen hier an der Seite von Chris O'Dowd und Katherine Parkinson.




#7 THE LEAGUE OF GENTLEMEN (1999-2002)

The League Of Gentlemen - was für ein Name. Hinter ihm verbergen sich Mark Gatiss, Steve Pemberton, Jeremy Dyson und Reece Shearsmith.
Sie stellen alle Charaktere im fiktiven Dörfchen Royston Vasey dar. Und was für Charaktere sie sind...
Von der Presse als "dark" gebrandmarkt, aber eigentlich nur das zeigend, was sie selber lustig finden, sind die Herren der League meiner Meinung nach eindeutig Wegbereiter für eher mainstream-orientierte Sendungen, wie z.B. Little Britain. Was nicht negativ gemeint sein soll, denn die hatten ja durchaus auch ihre guten Momente.
Royston Vasey kann man nur schwer erklären, man muss es sich anschauen, denn es ist definitiv ein "precious thing"...




#8 THE MIGHTY BOOSH (2003-2007)

The Mighty Boosh, also Julian Barrat und Noel Fielding bauen eine bunte Welt, auf die man sich unbedingt einlassen muss. Sie ist gefüllt mit Charakteren, von denen man sonst nur träumt. Oder noch nicht mal das.
Bei Boosh weiß man nie so genau, wo man am besten hingucken soll, oder was als nächstes passiert. Großartig ist auch, dass in fast jeder Folge ein Lied vorkommt und meist sogar ein ziemlich gutes!
Fest zu der Welt von Vince Noir und Howard Moon, den Charakteren Fieldings und Barrats, gehören Bob Fossil, Zoodirektor, der kleinwüchsige Schamane Naboo und sein Gorilla Bollo, der selbstverständlich sprechen kann.
Es gibt hier keine Regeln. Man kann ruhig mal sterben und in der nächsten Folge wiederkommen, auch die Erde ist nicht die Grenze, dafür gibt es zu viele andere Planeten... Deswegen: Come with us now, on a journey through time and space. To the world of the Mighty Boosh!




#9 PSYCVHOVILLE (2009-2011)

Psychoville ist die Kopfgeburt von Steve Pemberton und Reece Shearsmith aus der League of Gentlemen.
Über Psychoville darf man eigentlich nicht allzu viel sagen, damit man niemandem den Spaß daran kaputt macht, es sich anzuschauen.
Zur Handlung sei nur soviel gesagt: Diverse Charaktere, wie etwa ein Clown, eine Hebamme, ein alter, blinder Mann, ein schauspielender Zwerg und ein serienmörderbegeisterter Mann, der noch bei seiner Mutter lebt, erhalten mysteriöse Briefe von einem noch mysteriöseren Mann in schwarz. Was verbindet sie?
Psychoville bietet neben Elementen von klassischen Thrillern mit spannenden Cliffhangern auch einen großartigen Humor und ist meiner Meinung nach ziemlich einzigartig. Die Qualität der Serie steigt zunehmend und ich kann nicht mehr tun, als auf eine dritte Staffel zu hoffen...
Hier ein kleiner Ausschnitt von David und seiner Mutter Maureen bei ihrer Routine zum Stimmungsaufbessern. Das klappt gut. Ich wende es inzwischen selbst an.




#10 THE SMELL OF REEVES AND MORTIMER (1993-1995)

Und last but not least noch einmal Reeves und Mortimer. Auf keinen Fall sind diese Herren in meiner Liste als "überpräsentiert" zu bezeichnen, da sie einfach den Nährboden und die Inspiration für viele andere in dieser Liste bilden. Sie sind die Godfathers sozusagen.
The Smell Of Reeves And Mortimer war eine zwei Staffeln währende Sketchshow, in der jede Folge mit einer großen Musicalnummer eröffnet wurde. Danach konnte alles mögliche passieren. Ob man sich nun mit Pfannen verdrischt, Slade in ihrer Wohnung oder beim Urlaub machen zuschaut, französische Furzkanonen sieht oder auf Onkel Peter wartet. Reeves und Mortimer sind Legenden.
Und für mich ist es immer am lehrreichsten gewesen, wenn ich von Otis Redding und Marvin Gaye Rat und Tips bekommen habe...

Freitag, 10. Juni 2011

Master of moustache.

Mit Hilfe der großartigen Informationsquelle imdb.com arbeite ich mich gerne mal durch die Filmographien diverser Schauspieler, die mein Interesse wecken.
Hach, die Benicio del Toro Zeiten zum Beispiel...
Im Moment arbeite ich an Jason Schwartzman.
Dank diverser Zusammenarbeiten mit Wes Anderson habe ich daran schon große Freude gehabt und die sehr unterhaltsame Fernsehserie "Bored to Death" entdeckt. Daran mag ich unter anderem die großartige Titelmelodie. Bei eingängigem Studieren des Abspanns habe ich dann relativ überrascht festgestellt, dass diese von Herrn Schwartzman und Schöpfer der Serie Jonathan Ames stammt.
Zwei Rechercheschritte weiter findet man heraus, dass Jason Schwartzman doch tatsächlich eine Band hat. (Wenn einem vorher nicht eh schon bewusst war, dass er mal Drummer von Phantom Planet war, dann kommt diese Verbindung mit Musik doch relativ überraschend daher. Natürlich nur, wenn man außerdem nicht weiß, dass sein Bruder der Sänger der Band Rooney ist.)
Ich bin bei sowas eher skeptisch. Schauspieler neigen meiner Meinung nach zu oft dazu, sich kreativ zu überschätzen und finden schnell, dass sie auch super Musik machen könnten. Die ist dann generell für die kreischende Teenie-Fraktion gut, besonders wenn man da an deutsche Künstler denkt, aber selten freuen sich die Ohren, wenn man tatsächlich gute Musik macht.
Um so unerwarterer kam mir Coconut Records daher. Sowohl musikalisch als auch textlich ein absolut überzeugendes Projekt. Ich hab mir sofort beide erhältlichen Alben gekauft und bin beeindruckt von der Leichtigkeit, die diese Musik ausstrahlt. Man hat das Gefühl, dass es nichts Einfacheres gibt, als Songs zu schreiben, die dann auch noch so eine angenehme Stimmung schaffen können...

Meine Top 5 bisher:
#1 Microphone
#2 Wires
#3 Slowly
#4 Minding My Own Business
#5 Westcoast

Ein bißchen fehlen mir noch die Worte, um die Musik des Herrn Schwartzman besser zu beschreiben. Höchstwahrscheinlich höre ich sie momentan zu viel, um einen gewissen objektiven Abstand wahren zu können.
Deswegen lasse ich wohl einfach die Top 5 für sich sprechen.

Montag, 6. Juni 2011

How you gonna top yourself when there is nobody else...?

Ich habe in letzter Zeit drei Romane mit "Selbstmord" als Hauptthema gelesen und in keinem hat sich letztendlich jemand umgebracht...
Gibt es da so etwas wie eine große Verschwörung?

Spoileralarmierend weise ich jetzt darauf hin, dass in den nächsten Zeilen die Titel dieser Romane aufgeführt werden.

#1 Muleum von Erlend Loe
#2 Der wunderbare Massenselbstmord von Arto Paasilinna
#3 Veronika decides to die von Paulo Coelho

als #4 zähle ich außerdem die schon länger zurückliegende Lektüre von A Long Way Down von Nick Hornby.

In keinem dieser Romane, vollziehen die Charaktere ihre eigentlichen Pläne.
Wenn man bedenkt, dass Loe und Paasilinna Skandinavier sind, denen ja gerne mal eine gewisse Melancholie nachgesagt wird, wundert man sich eventuell nicht über die gewählte Thematik. Und in einem Gespräch mit einem Freund wurde mir folgende Theorie beigebracht: Gerade weil sie Skandinavier sind (und buhu, da ist das ja immer so dunkel, da kann man gar nicht fröhlich sein, etc.), DÜRFEN sie bestimmt von staatswegen nicht über tatsächlich durchgeführten Selbstmord schreiben... Das wäre nämlich nicht gut für all die hängenden skandinavischen Lesegemüter.

Wenn man diese Theorie nicht als Quatsch abtut und nun die anderen Autoren betrachtet, nämlich Hornby (der deutlich stärkere Romane hat als den, auf den ich mich hier beziehe) und Coelho (von dem ich jedem Menschen, der gute Literatur mag, dringendst abraten möchte), muss man sich wundern.
Hornby, der als Brite einen randeuropäischen, aber dennoch europäischen Standpunkt vertritt und generell nicht gerade für Scheu oder Zurückhalteung bekannt ist, traut sich nicht.
Auch Coelho tut es nicht, allerdings ist dem ja als Brasilianer die Lebensfreude genetisch aufgezwungen...

Wenn also niemand trotz verschiedenster kultureller Hintergründe darüber schreibt, gibt es dann vielleicht so etwas wie ein ungeschriebenes Gesetz dagegen?
Oder andersrum gefragt: Gibt es zeitgenössische Romane, in denen der Protagonist sich selbst das Leben nimmt?
Und zeitgenössisch deshalb, weil Dramen und andere Klassiker da einfach nicht zählen. Andererseits hat nicht mal Goethes Werther das so wirklich geschafft. Sicher hat er sich in den Kopf geschossen, aber er hat überlebt und ist erst Stunden später an den Folgen der Verletzung gestorben, die man mit den heutigen medizinischen Kenntnissen höchstwahrscheinlich hätte verarzten können.
Man könnte auch argumentieren, dass Oscar Wildes Dorian Gray Charakter sich selbst das Leben nimmt. Allerdings ist er nur wütend auf sein Bildnis und zerstört dieses ohne tatsächlich zu wissen, dass das auch sein Ende ist.

Vielleicht fällt mir auch einfach nur kein Beispiel ein. So oder so werde ich bezüglich dieses Themas weiterhin meine Augen offen halten.

Samstag, 5. März 2011

Was ist dein Lieblingsfilm?

Seit ich mich erinnern kann, hat mir diese Frage graue Haare verursacht. Vielleicht habe ich deshalb schon so viele und es liegt doch nicht an den schlechten Genen...
Schon in der Grundschule waren mir diese elendigen Freundschaftsbücher, in denen man sich auf so viele Lieblinge festlegen musste ein Graus.
Am allerschlimmsten war stets die Frage nach meinem Lieblingsfilm. Das ist aber auch ein Balanceakt. Natürlich kann das nicht irgendein Film sein, man muss ja einen coolen Eindruck erwecken. Vielleicht irgendetwas, das die meisten nicht kennen, das aber als Klassiker zählt... so zumindest meine frühen Gedanken.
Mit zunehmendem Alter verschiebt sich diese Perspektive mehr in Richtung der ehrlichen Wie-ich-darf-nur-einen-nennen?-Problematik.
Ich habe Filme schon immer geliebt. Ob das nun als Kind die Bud Spencer und Terrence Hill Streifen oder die Sindbads mit den Stop-Motion-Spielzeug-Monstern waren. Filme fand ich immer toll. Logischerweise habe ich auch jede Menge Filme gesehen. Es können allerdings nie genug sein, meiner Meinung nach...
Wie kann sich also jemand erdreisten, von mir zu verlangen, aus all den Filmen, die ich gesehen habe, einen einzigen auszuwählen und ihn zu meinem alleinigen Favouriten zu kühren? Darf ich vielleicht eine Top Five Liste angeben? Oder besser Top Ten?
Höchstwahrscheinlich messe ich dieser Frage viel zu viel Bedeutung zu, doch ich muss gestehen, dass ich zu der Kategorie Mensch gehöre, die ihre Meinung über den Charakter anderer auf Grundlage von Musik- und Filmgeschmack bildet.
Da kann ein Satz, wie "Ich liebe Coldplay..." schon mal das Ende einer Freundschaft bedeuten.
All diese Umstände im Hinterkopf, verblüffe ich mich neulich selbst, als ich auf die beiläufige Frage nach meinem Lieblingsfilm, unbewusst und noch viel beiläufiger eine Antwort gebe. Ohne eine Sekunde nachgedacht zu haben, höre ich mich selbst "Bronson" sagen.

Auf die sich anschließende Frage hatte ich allerdings keine Antwort. Warum?
Warum ausgerechnet "Bronson"?
Das erste Mal auf Bronson aufmerksam geworden, bin ich im Klingenberg Kino in Oslo, als der Trailer vor Inglourious Basterds lief und ich mir dachte: "Oh, das sieht sehr interessant aus..." Doch dieser Gedanke versteckte sich ungefähr 10 Monate lang in meinem Hinterkopf. Bis eines Tages mein Bruder, der einen eher rabiaten Filmgeschmack hat, mich nach einer Empfehlung fragte. Es war nach zehn Uhr abends, ich war erschöpft, gerade von der Arbeit zurück, da fiel mir Bronson ein.
Normalerweise interessiere ich mich mehr für die Regisseure, als für die Darsteller, weil es deren Vision ist, die man am Ende sieht. Oder das, was der eigentlichen Vision am nächsten kommt. Deswegen ordne ich meine DVD-Sammlung auch nach Regisseuren: Wright, Burton, Tarantino, Coens, Fincher, Olsen, Kubrick, Romero, Aronofsky, Boyle... usw...
Von Nicolas Winding Refn allerdings hatte ich vorher noch nie gehört. Trotzdem machte mir das erneute Ansehen des Trailers große Lust, den Film dann doch endlich mal anzuschauen. Ich tat es noch an diesem Abend.
Und ich war völlig überrascht. Ich hatte etwas anderes erwartet. Etwas völlig anderes.
Doch anstelle eines gewaltätigen Gefängnisfilms (ohne untermauern zu wollen, dass der Film zu großen Teilen in Gefängnissen spielt und sehr gewaltätig ist), bietet sich einem in aller erster Linie eine faszinierende Charakterstudie.
Sicherlich ist der Film so etwas wie biographisch, er geht aber weit über eine banale Aneinanderreihung bedeutender Lebensdaten hinaus.

Tom Hardy spielt brilliant. Seine Darstellung ist so detailreich, dass man immer wieder neue Aspekte entdeckt. Sei es seine Art zu sprechen, das Lachen, das geräuschvolle Atmen, sein Gang, das Anspannen der Muskeln... Millionen kleinster Teile, die unmöglich zu beschreiben sind, perfektionieren seinen Charlie Bronson.
Auch die Nebendarsteller zeigen sich nur von ihrer besten Seite, doch alle verlieren sich in Hardys Schatten.

Die Musik ist herrlich. Sie setzt sich aus orchestraler, klassischer Musik und Elektro zusammen. Da steht Wagner neben Glass Candy und den Pet Shop Boys. Eine Kombination, die vielleicht merkwürdig klingt, aber hervorragend funktioniert.

Winding Refn legt den Film auf unterschiedlichen Ebenen an. Man hat zunächst die biographische Handlung, die chronologisch vorgeht und Michael Peterson bzw. Charles Bronson episodenhaft auf seinem Weg begleitet, doch dann gibt es auch noch die Reflektionsebene. Die, in der Bronson zum Erzähler seiner eigenen Geschichte wird und sich im Stil des Varietes vor einem Publikum präsentiert. Dies alles wird zu einer Metapher über das unbedingte Streben nach Ruhm, die in unserer in die Öffentlichkeit dringenden Zeit, beängstigend zutreffend ist.

Es ist unfassbar, was Refn, der keinen Kontakt mit Bronson hatte und Hardy, der ihn sogar im Gefägnis besuchte aus einer relativ bescheidenen Grundsituation geschaffen haben: Englischer Kleinkrimineller überfällt Post, erbeutet etwa 30 Pfund, muss für sieben Jahre ins Gefängnis, verlängert Strafe aufgrund von Fehltritten im Knast auf inzwischen über 30 Jahre.
Bronson ist so viel mehr. Ich kann nicht mehr zählen, wie oft ich den Film gesehen habe. Was ich weiß, ist, dass ich ihn beinahe mitsprechen kann, wenn er läuft. Wenn mir langweilig ist, kann ich ihn in meinem Gehirn anschalten und vor meinem inneren Auge schauen und das macht ihn einzigartig.
Das hebt ihn von all den anderen Filmen, die ich großartig finde, ab.
Das macht ihn ganz einfach zu meinem (momentanen, denn eine Einschränkung muss man sich ja lassen) Lieblingsfilm.

Mittwoch, 2. März 2011

Frauen und Literatur.

Zunächst einmal: Ich bin nicht sexistisch. Kann man das als Frau überhaupt? Ich habe keine altbackenen Ansichten, die die Frau hinter den Herd pferchen oder sie beruflich auf bestimmte Arbeitsfelder limitieren. Ganz und gar nicht. Frauen stehen Männern in nichts nach.
Ich bin einfach nur der Meinung, dass Frauen nicht schreiben können.
Damit beziehe ich mich in erster Linie auf Belletristik. Belletristik für Erwachsene. Das soll heißen, dass ich Kinder- und Jugendbücher ausschließe. Jugendbücher machen mich in den meisten Fällen zornig und ich räume ein, dass man als Mutter durchaus in der Lage ist, ein gutes Kinderbuch zu schreiben. Aber was ist mit anspruchsvollen Romanen?
Wann immer ich etwas von einer weiblichen Autorin lesen, stellt sich eine von zwei Reaktionen ein.
Variante Nr. 1: Die Lektüre erscheint mir übertrieben weiblich. Nicht, dass so etwas wie eine komplexe Handlung nicht möglich wäre, Jenny Erpenbecks Buch 'Heimsuchung' ist da meiner Meinung nach ein sehr gutes Gegenbeispiel, aber man hat so einen vorsichtigen Standpunkt, eine mütterliche Omnipräsenz, die einem von Anfang an klar macht, dass man nicht mit allem rechnen muss. Und immer kreist das Erzählte auf eine unterschwellige Art um die Liebe herum. Eine Leier, die einen einfach nicht in Ruhe lässt. Das finde ich anstrengend.
Selbstverständlich sind die gezeichneten Frauen in Büchern männlicher Autoren oft lächerliche Wunschvorstellungen, doch selbst solche liegen mir mehr, als weibliche Darstellungen von Weiblichkeit.
Variante Nr. 2: Das Geschriebene wirkt künstlich männlich. Dabei bekomme ich das Gefühl, dass die Autorin versucht, extra maskulin zu schreiben, um den Eindruck der ersten Variante zu verhindern. Das ist dann schnell gekünstelt und bereitet einem keine Freude beim Lesen. Besonders aufgefallen ist mir das in Kurzgeschichten einer Autorin, deren Namen ich nicht anführen möchte.

Sicherlich können Frauen auch ein vergnügliches Buch schreiben. Ich denke da beispielsweise an "Mängelexemplar" von Sarah Kuttner. Dieser Roman liest sich schnell und angenehm, er ist sehr unterhaltend, humorvoll und bindet den Leser emotional an seine Protagonistin.
Das mag auch bei vielen anderen Büchern der Fall sein, aber was mir trotzdem fehlt, ist eine gewisse Art der sprachlichen Eleganz. Der Freude beim Lesen, die nicht durch den Inhalt, sondern allein durch die Wahl der Worte begründet ist. Ganz so, wie man es bei Wilde, Hesse, Kafka, Grass, Irving erlebt.
Frauen enden viel zu häufig darin, Geschichten weiter und weiter zu weben. Deswegen gibt es so viele Buchreihen weiblicher Autoren. Sie können kein Ende finden. Und ein gutes Ende ist der wichtigste Teil einer Geschichte. Man muss auch loslassen können.
Das fällt mir im realen Leben schwer, ein Hinweis darauf vielleicht, warum es vielen Frauen in der Literatur ähnlich geht. Damit ich nicht unverbesserlich wirke, werde ich versuchen meinen Horizont zu erweitern. Aber ich fürchte, dass ich noch lange auf das Buch einer Schriftstellerin warte, dass mich wirklich begeistert.

Ich kann meine Position auch statistisch untermauern: Es gibt 107 Preisträger des Nobelpreises für Literatur. 95 davon sind Männer.

Dienstag, 1. März 2011

And the Oscar goes to: "The Wolfman"

Ich schaue mir jedes Jahr die Oscarverleihung an.
Das stößt bei vielen auf Ablehnung. Zumindest aber zweifeln sie dann an meiner Person.
Doch ich mag das ganze Gedöns. Gut, die Mode interessiert mich herzlich wenig und ich kann auch verstehen, dass viele Leute die Verleihung an sich zu vorhersehbar und altbacken finden, aber für mich ist das eine Nacht im Jahr, für die ich gerne meinen Schlaf opfere.
Dieses Jahr war ich besonders erfreut. Ich kann es immer noch nicht fassen. Meinen ersten Schock hatte ich, als die Nominierungen bekannt gegeben wurden: The Wolfman war dabei.
Ja, The Wolfman. Ich konnte es bei seinem Erscheinen schon nicht abwarten diesen Film zu sehen. Immerhin spielt Benicio del Toro die Hauptrolle. Das muss doch gut sein. Oder? Und es geht um Werwölfe! Das muss es doch noch besser machen. Oder?
Nun ja. Vorab: Ich liebe The Wolfman. Mir ist nicht ganz klar warum, aber ich finde den Film großartig. Ich hatte schon bei der Kinoversion großen Spaß und der Director's Cut, den ich auf DVD habe, geht dankbarerweise mehr auf die Charaktere ein und rundet das Ganze für mich deshalb noch mehr ab.
Nun ist es leider so, dass ich niemanden habe, mit dem ich vernünftig Horrorfilme schauen könnte. Deswegen muss ich seltene Besuche von meinen engsten Freunden, die leider alle in anderen Städten als ich lebe, nutzen, um mit ihnen zusammen das zu sehen, was allein meist nur einen Bruchteil der Freude bereitet.
Ich sah also mit einem dieser Lieblingsmenschen The Wolfman. Er war übermüdet, kämpfte sich trotzdem durch die beinahe zwei Stunden. Mein reguläres in die Seite Pieksen hat sicherlich auch geholfen. Doch als der Film zu Ende war, schaute er mich lange an. Schweigend. Dann endlich sein Fazit: "Du, das ist einfach ein echt schlechter Film."
Überzeugen konnte er mich natürlich nicht. Seine Reaktion verblieb auch nicht die einzige dieser Art. Aber ich halte weiterhin zu "The Wolfman".
Und am Sonntag wurde ich glorios bestätigt, als der Film einen Oscar gewann. Gut, es handelt sich lediglich um den Oscar für die beste Maske, aber Oscar ist Oscar!
Und ich habe bei noch keiner Verleihung so schallend lachen müssen.
Die meisten Kritiken, die ich zu The Wolfman gelesen habe, bemängeln, dass der Film nichts Neues zeigt. Ähm, ja. Das mag erstens dadurch begründet sein, dass es sich um ein Remake handelt und zweitens, dass es ein Werwolffilm ist und damit ein Repräsentator des wohl am strengsten beregelten Subgenres des Horrorfilms.
Denn während Zombies immer durch die Gegend schlurfen und wie George A. Romero zeigt, auch lernfähig sein können, so ist der Werwolf ein sehr begrenztes Monster.
Die Dinge, die man als Probleme auffassen könnte, machen den Werwolfsfilm für mich um so liebenswerter.
1.) Der Werwolf an sich ist nicht das Monster, sondern zu meist der Protagonist, den der Zuschauer gerne hat. Er kann nichts für sein Schicksal. (Zombies können sicherlich auch meist nichts für ihre Wiederauferstehung, aber sie sind auch eher selten die Protagonisten des Films, Fido einmal ausgenommen.)
2.) Wirklich blutrünstig ist der Werwolf nur einmal im Monat, bei Vollmond. Dann natürlich ausgibig, aber den Rest des Monats ist das nicht besonders spektakulär.
3.) Ein Werwolf kann nur von einer Silberkugel (manchmal mit/manchmal ohen den Zusatz von wahrer Liebe) getötet werden.
Drei eigentlich ziemlich simple Regeln, die einem jedoch schnell Grenzen aufzeigen. Dass man trotzdem etwas sehr Eigenes hervorzaubern kann, hat John Landis mit "An American Werewolf in London" bewiesen.
Selbstverständlich hält sich auch The Wolfman an diese Vorgaben. Der Film hat bis auf Anthony Hopkins bitterböse Kommentare kaum Humor, dafür aber jede Menge Blut, fliegende Körperteile und einen finster schauenden Hugo Weaving.
Und er fürchtet sich nicht davor, den Wolf zu zeigen. Meist ist es ja so, dass die Bedrohung an Schrecken verliert, wenn man sie sieht und hier handelt es sich um keine Ausnahme. Aber immerhin will man den Wolf ja auch mögen. Es ist doch Benicio.
Der besser und besser wird, je mehr man ihn foltert.
Höchstwahrscheinlich gehört "The Wolfman" in die Schublade der Guilty Pleasures, von denen man nicht zugeben darf, dass man sie gut findet, aber ich werde auch weiterhin zu ihm stehen.
Auch mit klischehaftem Wolfsgeheul. Und vorhersehbarer Handlung. Und flacher Liebelei. Und Zigeunern.

Donnerstag, 24. Februar 2011

Scott Pilgrim vs. Liz

Neulich in der Bibliothek begegne ich einer guten Freundin, Liz.
Wir haben beide zu tun, verabreden uns aber zum Mittag in der Mensa. Man hat sich eine Weile nicht gesehen.
Das Gespräch plätschert dahin. Ich frage nach, ob irgendwer schon irgendeinen Film gesehen hat. Plötzlich schlagen wir eine ganz andere Richtung ein.
Liz: Oh! Da fällt mir ein, ich habe gestern den trashigsten Film aller Zeiten gesehen!
Ich: Die Bettwurst? Also, egal was auch immer du gesehen hast, nichts übertrifft die Bettwurst wenn du Trash suchst...
Liz: Was ist denn die Bettwurst? Nein, es war -
Meine Gedanken driften ab. Zurück zu der freudenreichen Zeit, in der ich mit der Bettwurst vertraut gemacht wurde.
Liz: ... den Rest der Welt.
Ich: WAS? Was hast du gesagt?
Liz: Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt. Ich hab den zusammen mit meinem Mitbewohner gesehen. Der war so schlecht.

Von diesem Zeitpunkt an bleibt mir die Sprache weg. Diese Aussage kann ich nicht akzeptieren. Unsere Wege trennen sich. Ich bin so entsetzt, dass ich mit ihr ein späteres Treffen vereinbare, bei dem ich sie vom Gegenteil überzeugen will. Scott Pilgrim ist KEIN schlechter Film. Scott Pilgrim ist ein großartiges Stück Kino.
Liz tauchte nie zu dieser Verabredung auf.
Mein Entsetzen bleibt.
Ich glaube, viele Menschen verstehen nicht, wie großartig Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt wirklich ist. Die meisten haben falsche Vorstellungen.
Selten wissen sie, dass es sich um eine Comicverfilmung der Graphic Novels von Bryan Lee O'Malley handelt. Ich würde sogar so weit gehen, dass es die beste Comicverfilmung ist, die es bisher gibt, weil sie keine Angst vor dem Ursprungsmedium hat, sondern dieses liebevoll auf die Leinwand überträgt.
In Scott Pilgrim passiert unglaublich viel. Mit atemberaubender Geschwindigkeit. Es gibt Millionen von Details, die man eigentlich nur erfassen kann, wenn man den Film immer und immer wieder schaut.
Diese Details sind nicht nur visuell, sondern spiegeln sich auch durch Geräusche und Referenzen zu Videospielen wieder. Das schöne an den Referenzen ist, dass man sich nerdig freut, wenn man sie erkennt und dass einem Zuschauer, der keine Ahnung davon hat, dadurch nichts verloren geht.
Edgar Wrights Regie ist so frisch, lebendig und innovativ, dass man aus dem Staunen kaum herauskommt. Man kann sich den Film einmal angucken und nur an den Übergängen zwischen den Szenen und anderen technischen Sachen erfreuen.
Natürlich gibt es jede Menge Action, was vielleicht nicht für jeden etwas ist, aber Scott Pilgrim schafft es gleichzeitig so warmherzig zu sein und Charaktere zu portraitieren, die man einfach gern haben muss.
Der Film ist humorvoll, man sieht jeder Sekunde die Leidenschaft an, mit der er gemacht wurde und man darf den Film um Gottes Willen nicht so ernst nehmen. Er nimmt sich nämlich selbst auch nicht ernst. Immerhin zeigt der Film nicht die Realität. Er spielt in Scott Pilgrims Kopf! Und als Mensch, der dort auch sehr gerne lebt, kann ich mich damit hervorragend identifizieren.
Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt hat mehr Anerkennung und Beachtung verdient.

Und Liz, wo auch immer du dich versteckst, du kommst um dieses Gespräch nicht herum.
Du musst ja meine Meinung nicht teilen, aber du kannst sie dir zumindest anhören.